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Frieren, staunen, schwitzen und ein landschaftlicher Hochgenuß rund um’s Karwendel Gebirge – der Achensee Radmarathon

Am Start ziemlich weit hinten

Wie unter Radfahrern so üblich grübelt man im Winter so über die Ziele für’s nächste Jahr nach und überlegt sich das ein oder andere Vorhaben für den Sommer. So auch ich im vergangenen Winter um die Weihnachtszeit, mein erster Radmarathon für 2013 sollte der Achensee Radmarathon werden.

Also gleich noch registriert und die günstigere Anmeldegebühr von 30 Euro mitgenommen. Jetzt gibt es kein Zurück mehr – die 166 Kilometer rund um Karwendelgebirge rufen!

Im Februar beim Training auf Mallorca dachte ich mir noch daß ich gut auf Kurs bin, schöne teils stürmische „Grundlagen-Ausdauer-Kilometer“ zwischen blühenden Mandelbäumen, Olivenhainen und dem einen oder anderen Berg zum Drüberstreuen – bis Mai ist ja noch lange hin, da kann ich noch viel trainieren…

Zwangspause in Maurach

Ende März hat es dann auch mich erwischt – die Grippe hat mich für eine Woche praktisch komplett ans Bett gefesselt und vom Arzt gab’s zusätzlich noch eine weitere Woche striktes Trainingsverbot – die wohl härteste Strafe die einen Radsportler im Aufbautraining treffen kann! 🙂

Die zweite der beiden Wochen wurde mir von Petrus mit Dauerregen und winterlichen Temperaturen versüßt – da bleib ich eh lieber zu Hause! Dass das Wetter dieser Woche aber bis fast zum Achensee Radmarathon bleiben wird hätte ich mir damals nicht erträumt.

Am Wochenende vom 31. März wollten wir eigentlich in Parndorf ein verlängertes Wochenende zum Training nutzen – den Schnee haben wir uns dann doch lieber vom Auto oder Hotelzimmer aus angesehen, bei eisigem Asphalt und Sturmböen macht’s einfach keinen Spaß!

Der April hat seinem Namen alle Ehre gemacht und ließ auch nur wenige Trainingskilometer zu, die Tage vor dem 5.5. also dem Achensee Radmarathon waren entsprechend von Zweifeln geprägt – ob ich überhaupt durch komme und ob ich unter 6 Stunden bleiben kann? Hätte ich mich gut gefühlt, wäre mein Ziel wohl unter 5 Stunden bleiben gewesen – so hab ich mal vorsichtig angesetzt und die unter 6 als realistisches Ziel auserchoren.

Steigung nach Leutasch hinauf

Am 4.5. ging es zur Startnummernausgabe nach Achenkirch , anfangs noch bei halbwegs schönem Wetter begann es schnell ein wenig zu regnen. Startnummer 352 abgeholt und das Startgeschenk eingepackt. Temperaturen um maximal 10 Grad – ich hätte eine Jacke einpacken sollten!

Bei der Rückfahrt nach Kufstein erst Starkregen, dann Hagel, dann wieder Starkregen und ein ordentliches Gewitter. Zu Hause angekommen die Erkenntnis dass bei dem Wetter ein Start nicht wirklich Spaß macht und ich morgen nur starte wenn’s zumindest nicht aus Eimern gießt.

Der Morgen vom 5.5. -> um 4 Uhr aufstehen, kein Problem bin Frühaufsteher! 🙂 Gemütlich ein ordentliches Müsli frühstücken, noch einmal alles prüfen – Rad, Schuhe, Helm, Edge800 + Brustgut, Regenjacke, Gel, Geld,…
Alles dabei – es kann los gehen, also noch nach Niederndorf und Mario abgeholt und weiter zum Achensee – Ankunft kurz nach 06:30 und beinahe alleine am Parkplatz!

Die Temperatur war nach wie vor grenzwertig – Knie- und Armlinge oder doch Windstopper-Langarmtrikot? Ich entscheide mich für die luftigere Variante aus Knie- und Armlingen und einer Windstopperweste zum Drüberziehen, bereue die Entscheidung dann allerdings frierend bis zum Startschuß!

Angesichts meine nicht allzu hohen Ziele für diesen Marathon reihe ich mich im letzten Drittel des Starterfeldes ein – überholen kann man ja immer noch und die Abfahrt nach Wiesing ist weiter hinten eventuell ein wenig sicherer. Mario und Christian haben sich indes irgendwo im vorderen Starterfeld aufgestellt, Christian hat dank seines guten Ergebnisses im letzten Jahr eine Platz im ersten VIP Startblock erhalten.

Expresszug

Vom Start weg gehts schon recht flott los, endlich wird mir wärmer – lediglich meine Zehen verweigern und bleiben kalt, was sich bis zum Anstieg nach Leutasch auch nicht ändern soll. Kurz vor Maurach dann die Überraschung (wurde eigentlich am Start mehrfach durchgesagt, aber irgendwie wollte es keiner glauben!), ein Zwischenstop – das ganze Feld wartet zusammen 5 oder 6 Minuten und beginnt dann die Abfahrt nach Wiesing.

Noch vor der eigentlichen Abfahrt dann bereits ein erster Fahrer der mit dem Rad in der Hand am Straßenrand steht – der erste Gestürtzte den ich gesehen habe, leider nicht der Letzte! Die wenigen Kilometer bis Wiesing sind von einer Baustelle im Tunnel mit einspuriger Führung, relativ starkem Nebel, einer 180° Kehre und am Ende 76 Km/h Spitze geprägt (ohne viel nach zu helfen).

Heil unten angekommen suche ich nach einer passenden Gruppe, ein Team von den Naturfreunden Mondsee fährt genau mein (mögliches) Tempo und ich klinke mich ein, auf Höhe Hall verliere ich dank eines Schlaglochs meine noch volle zweite Trinkflasche ohne einen einzigen Schluck vom leckeren Inhalt gemacht zu haben.

In Innsbruck wird es noch einmal richtig eng – es wurden neue Schienen verlegt die genau auf unserer Spur liegen, es bleibt ein guter Meter für das Feld bzw. die Gruppe mit der ich fahre oder der Sprung über die Schienen. Am Straßenrand steht ein weiterer gestürtzter Fahrer mit leicht aufgeschlagenem Gesicht.

Bei Innsbruck Kranebitten kommt die erste leichte Steigung und die ersten Fahrer fallen kurz aus der Gruppe, sie schonen sich wohl noch für den Anstieg nach Leutasch. Die Labestation lasse ich erst mal aus, das Wasser reicht noch und ich will noch keine Zeit verlieren.

Kurze Zeit später fahren wir schon durch Telfs, gut 2 Stunden und ziemlich genau ein Schnitt von 40Km/h – nicht schlecht, wird sich aber gleich ändern – der Berg ruft und wir knallen in den Anstieg nach Leutasch rein, fast wie gegen eine Wand 🙂

Endlich im Ziel!

Jetzt heißt es erst mal einen guten Rhythmus finden und gleichmäßig fahren, ich pendle mich bei ca. 160 Puls und leider nur 10 Km/h ein – ein paar Bergfexen ziehen rasch vorbei, wenige werden von mir überholt und die meisten meiner Gruppe bleiben in Reichweite. Erst auf den letzten hundert Metern ändert sich das und am Scheitelpunkt angekommen bin ich plotzlich alleine, den letzten Anritt hat keiner mehr mitgemacht.

Angesichts der 70 Kilometer die noch vor mir liegen nehme ich raus und lasse mich wieder einholen – wäre ja sowieso bald passiert! 🙂 Bis Leutasch haben sich wieder gut 10 Leute zusammengefunden und die Mehrzahl bleibt auch bei der Labe stehen und verdrückt so wie ich ein kleines zweites Frühstück. Mit Banane, Kuchen und Cola im Magen geht es gleich wieder weiter.

Nach Leutasch folgt noch ein kleiner Anstieg mit gut 100 Höhenmetern, der aber nicht mehr so steil ist und sich recht flott fährt. Anschließend gehts richtig schön bergab – das ändert sich auch lange Zeit nicht, beim Blick auf den Tacho fällt mir auf dass eine Zeit unter 5 Stunden möglich wäre wenn die restlichen Kilometer mit einem 40’er Schnitt gefahren würden. Da der Tacho im Moment immer wieder stark über 40 liegt nicht ganz abwägig, erst am Ende der Strecke warten noch ein paar Steigungen.

Ruhezone…

Gut 40 Kilometer vor dem Ziel gehts in die schmale Risserstraße und auf einem gut einem Meter breiten Streifen der rot gekennzeichnet ist gilt absolutes Überholverbot, das auch von Ordnern alle paar Meter überwacht wird. Da wir dort langsamer fahren müssen nehme ich gas raus und bekomme prompt einen Krampf im Oberschenkel – dank der dort geltenden Regel (langsamer und nicht überholen) bleibt der Krampf aber ohne Auswirkung. Mit etwas Druck auf der richtigen Stelle kann ich Schlimmeres gerade noch verhindern.

Nach gut einem Kilometer wird die Straße wieder breiter und wir nehmen wieder Tempo auf, es folgt ca. 30 Kilometer vor dem Ziel ein kurzer Anstieg und ich bekomme just beim Runterschalten in einen kleineren Gang erneut einen Krampf – dieses Mal bleibt mir nichts anderes übrig als weiter zu treten und den Muskel möglichst zu belasten, die Entlastung so kurz wie nur möglich zu halten. Am Ende der Steigung ist auch der Krampf halbwegs ausgestanden und ich bleibe an meiner Gruppe dran, nicht übertreiben und im Windschatten bleiben ist jetzt erst mal angesagt!

Die letzte Labestation lasse ich erneut aus, zwei Packungen Gel müssen bis ins Ziel reichen – ich fühle mich eigentlich gut, wenn nur die Krämpfe nicht wären! Die Landschaft ist auf der gesamten Strecke ein Traum, besonders der Weg zum Sylvensteinsee und weiter in Richtung Achensee ist wunderschön. Das Wetter spielt auch perfekt mit, ich überlege zum ersten Mal die Armlinge abzuziehen – zahlt sich aber auch nicht mehr aus.

Kurz vor der Grenze wäre für mich das Rennen dann beinahe vorbei gewesen, ein erst neben mir fahrender Teilnehmer hat mich überholt und ist dann unvermittelt rüber gezogen, mit seinem Schaltwerk mein Vorderrad streifend. Ein lauter krach und ohne wirklich zu wissen wie, konnte ich einen Sturz verhindern. Nachdem keine Unwucht oder sonstigen Schäden spürbar waren habe ich auf gut Glück ohne stehen zu bleiben meine Fahrt fortgesetzt. Bei der späteren Kontrolle hat sich dann herausgestellt dass nichts beschädigt ist, nur ein paar leichte Kratzer an Felge und Speiche.

Dann ging es die letzten Steigungen zum Achenpass und über die Grenze weiter in Richtung Ziel, ab hier steht jeden Kilometer wie weit es noch ist – das grenzt an Folter! Es stellt sich auch heraus dass die angegebene 166 Kilometer eher 168 sind, unsere Gruppe vergrößert sich auf den letzten 5 Kilometern noch einmal ein wenig.

Nachbesprechung 🙂

Der Zieleinlauf war dann eher von der gemütlichen Sorte, kein Vergleich mit dem Sprint beim Wachauer Radmarathon – hier dürften die frühen vielen Kilometer den meisten Teilnehmern die Lust am Sprint genommen haben, inklusive mir. 😉

Mit meiner Endzeit von 05:13:52 bin ich sehr zufrieden, in meiner Klasse bin ich 196’ter von 318 und gesamt 474 von 766 gewerteten in der Ergebnisliste (ohne die 57 mitfahrenden Damen – die wurden in der Gesamtliste extra gewertet), wobei ja scheinbar 1100 gemeldet waren und über 1000 überwiesen haben (Offizielle Zahl 998 Überweisungen am 4.5. um 18:00 Uhr).

Im Ziel gab’s erst mal Gratulationen von Sibille, Apfelsaft und eine Banane als Stärkung, anschließend ging’s ins Hotel Zillertalerhof zum Duschen und zur Pastaparty. Wir durften im Hoteleigenen Wellnessbereich duschen – vom feinsten, da würde auch ein Urlaub Spaß machen! Ich hab mir dann noch einen großen Teller Spaghetti Arrabiata gegönnt – auch sehr lecker. Eventuell beim nächsten Start dort übernachten?

Bei der Organisation des Achensee Radmarathons wurde aus meiner sicht nicht wirklich viel falsch gemacht, die Streckenabsicherung war super – an keiner Kreuzung gab es irgendwelche Probleme und auch in Bayern hat alles super geklappt, toll auch wenn einem die Polizei vom Straßenrand anfeuert!

Durchbeißen!

Die Zwangspause in Maurach erschließt sich mir nicht ganz, hätte man das zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich gedehnte Fahrerfeld einfach den Berg runter fahren lassen, wäre es eventuell sogar weniger gefährlich gewesen. Wie’s scheint wurden die 5 oder 6 Minuten auch nicht von der Gesamtzeit abgezogen, was einen Zeitvergleich zum letzten Jahr etwas erschwert.

Am Vorabend konnte man noch direkt beim Ausschank bezahlen, am Renntag musste man erst Bon’s erstehen und damit dann sein Getränk abholen – warum einfach wenn’s umständlich auch geht?

Ich hab’s mir eigentlich viel schlimmer vorgestellt, heil im Ziel angekommen, für mich akzeptables Ergebnis und viel Spaß gehabt – danke auch an alle Mitstreiter die sich Zeit für einen Smalltalk mit mir genommen haben! Gut möglich dass mich der Achensee Radmarathon nächste Jahr wieder sieht… 😉

Und hier noch ein paar interessante Links:
http://www.achensee-radmarathon.at/
http://www.sportfotos-andre.at/
http://www.sportograf.com/
http://www.youtube.com/watch?v=rKNJiy_s9Xs

Manfred

Leistungssport war noch nie so wirklich mein Ding! Sport muss mir in erster Linie Spaß machen und gut tun. Die Erfahrungen die ich in den letzten Jahren dabei gesammelt habe , möchte ich hier im Blog mit anderen teilen. Wandern, Radfahren, Langlaufen, Skifahren, Rodeln,... - leider hat der Tag nur 24 Stunden. :-)

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