Im August 2014 haben wir unseren Wohnsitz von Kufstein nach Niederndorf verlegt, bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade mal ein paar Meter zur Arbeit – mit Niederndorf stieg die Distanz auf knapp 10 Kilometer an, je nachdem welchen Weg man nimmt.
Da es mir einfach Spaß macht mich auf dem Rad zu bewegen, folgte schnell die Idee den Weg zur Arbeit mit dem Rad zu bestreiten – Anfangs eigentlich nur gedacht um die schönen Herbsttage ein wenig besser zu nützen, wurde mein Wille den Winter durch zu fahren mit jedem Tag stärker.
Der Weg von Niederndorf nach Kufstein ist nicht wirklich atemberaubend aufregend oder gefährlich, ein netter gemütlicher Radweg führt den größten Teil der Strecke parallel zum Inn entlang. Diese Strecke war die meiste Zeit meine Standardstrecke, an Tagen mit viel Zeit lässt sich der Heimweg aber beliebig ausdehnen. Aber auch der Hinweg kann über Kiefersfelden mit Besuch beim Bäcker schon mal beinahe doppelt so lang werden. Varianten gibt es genug, die wohl schnellste führt einfach die gewöhnliche Bundesstraße bis zur Schanz und dann am Hödnerhof vorbei nach Kufstein – so sind es dann nur noch 8 Kilometer.
Bis heute radle ich mit Freude zur Arbeit und möchte das auch noch möglichst lange beibehalten – bis auf ganz wenige Ausnahme habe ich es geschafft im vergangenen Jahr jeden Arbeitstag mit einer gut 25 minütigen Radtour zu beginnen und auch zu beenden. Lediglich wenn’s beruflich mal nicht passte, eine starke Gewitterfront oder Sturmböen angesagt waren habe ich auf die Fahrt mit dem Rad verzichtet. Die Gesundheit hatte natürlich auch immer Vorrang und so musste ich im Winter wenige Tage mit einer Erkältung pausieren.
Früh morgens ist es auf der Strecke definitiv am schönsten – da ich bereits gegen 6 Uhr auf dem Weg bin, verbringe ich die Zeit so gut wie immer alleine. Meine ständigen Begleiter zu dieser Zeit sind die Biber die die Bäume der Innauen dezimieren und gelegentlich für ein unerwartetes Hindernis sorgen. Gerade im Winter bei absoluter Dunkelheit kann selbst mit guter Beleuchtung ein quer über dem Weg liegender Baum bei 25 bis 30 km/h verdammt schnell näher kommen… 🙂
Was ich in dieser Zeit auf jeden Fall gelernt habe ist dass das wichtigste beim Ganzjahresbiken die passende Bekleidung ist! Bei Regen sollte vom Helmüberzug bis zu den Schuhen alles passen, ebenso wie im Winter warme winddichte Bekleidung durch nichts zu ersetzen ist. Bei der relativ kurzen Strecke ist die Gefahr auszukühlen eher gering, zumindest so lange man nicht pannenbedingt stehen bleiben und länger pausieren muss! Wer längere Strecken im Winter fährt sollte aber immer Kleidung für Pausen oder Pannen mit eingepackt haben, auch wer nur wenig schwitzt kühlt extrem schnell aus.
Sowohl im Winter als auch im Herbst und Frühjahr habe ich praktisch immer eine Regenüberhose und Jacke im Gepäck, lediglich im Hochsommer verzichte ich darauf – die Temperaturen fallen hier in Tirol im Sommer selten so tief, dass man ein wenig Nässe nicht verkraften kann. An manchen Tagen sehnt man sich direkt danach – zumindest im 2015’er Sommer gab es einige solcher Tage!
Den Winter 2014/2015 habe ich mit einem uralten Specialized Stahlrahmen Mountainbike mit Starrgabel und nachgerüsteten Kotflügel bestritten. In Tirol scheint man der Meinung zu sein dass die Straßen permanent von Eis und Schnee befreit gehören, daher wird der Einsatz von Salz groß geschrieben – manch Autofahrer teilt hier das Leid, Tirol setzt auf eine sehr aggressive Form des Salzes, die sich nicht nur am Material des Winterbikers zu schaffen macht – sondern auch bei den Autos massive Schäden anrichtet. (z.B. Erdgastanks aus Stahl die nach wenigen Jahren durchgerostet sind)
Mein uraltes Specialized Mountainbike hat den Winter zwar halbwegs gut überstanden, an der einen oder anderen Stelle sieht man die Spuren des Salzes allerdings deutlich und viele Winter dürfte es nicht mehr durchhalten. Nichts desto Trotz bleibt es meinem Furhpark erhalten und dient mit Spikebereifung als Untersatz für die ganz verschneiten Tage. Auf matschig mehligen Schneefahrbahnen fährt man mit dicken Reifen und Spikes noch am besten – mein Wunsch für diese Verhältnisse wäre ein Fatbike mit E-Antrieb, sprengt aber ein wenig den Kostenrahmen! 😉
Da mir für mein Rad im letzten Sommer ein sicherer Unterstand am Arbeitsplatz gefehlt hat, habe ich das Mountainbike zusätzlich mit passenden schlanken Sommerreifen und Straßenprofil bestückt. Im Sommer als Rennradfahrer ein eher schlechter Kompromiss, daher begann meine Suche nach einer passenden Alternative die ganzjährig Spaß macht!
Ein Cross Rad war die Lösung – bei jedem Wetter und allen Straßenverhältnissen perfekt gerüstet, mit einem Cross Rad kann man nicht nur auf der Straße zügig voran kommen, man hat auch im Gelände, Matsch und Dreck jede Menge Spaß! Soweit die Theorie, im November wurde der Furhpark um ein Merida Cross 6000 erweitert um die Theorie auf Praxistauglichkeit zu prüfen.
Den Winter habe ich nun mit dem Merida sehr gut überstanden und Spaß steht beim Crosser wirklich an erster Stelle, lediglich der besagte matschig/mehlige Schnee ist zum Radfahren ein Horror – alles andere drückt einem ein breits Grinsen ins Gesicht! Da kann es schon mal passieren dass man an einem eher verregneten Tag mit einer dicken Schlammschicht zu Hause ankommt, weil der schlammige Waldweg so verlockend war…
In Sachen Fahrtechnik könnte ich sicher noch viel lernen, aber auch als nicht Profi macht es Spaß. Ein paar Stunden Techniktraining würden aber sicher nicht schaden, es wäre generell toll wenn sich in der näheren Umgebung ein paar Cross taugliche Strecke finden würden auf denen man sich austoben kann. Wer ein paar gute Tips in der Nähe von Niederndorf hat – bitte her damit!
Für den Sommer hätte ich angedacht den Crosser mit einem zweiten Satz Laufräder zu versorgen auf denen dann permanent Slicks montiert sind, zusätzlich überlege ich noch die nicht unbedingt bergtaugliche Übersetzung von vorne 36/46 auszustauchen und liebäugle hier mit 34/50. Damit sollte sich dann trotz des geringen Mehrgewichtes des Crossers (9,3 kg) auch mal das Kitzbüheler Horn bezwingen lassen – mit Slicks traue ich mir damit sogar den einen oder anderen Radmarathon zu, der Ötztaler wär dann wohl eine echte Herausforderung! 😉
Steckachsen und Scheibenbremsen hätte ich mir für’s Rennrad nie wirklich vorstellen können. Nach meinem ersten Winter am Crosser mit eben diesen muss, ich aber zugeben dass es durchaus verlockend ist. Am Crosser machen sie auf jeden Fall Sinn und erhöhen die Sicherheit ungemein, dass die Felgen praktisch nicht mehr verschleißen scheint mir gerade bei den teureren Modellen ideal zu sein – nichts schlimmer als einen 2000 Euro Felgensatz nach einem ausgiebigen Bergsommer in Rente schicken zu müssen…
Alles in allem hat mir mein „Jahr auf dem Rad zur Arbeit“ sehr viel Spaß bereitet, mein Auto wurde auf jeden Fall geschont und meiner Gesundheit hat es sicher auch nicht geschadet – der Kopf profitiert wohl am meisten davon, frisch und fit zur Arbeit kommen und nach einem stressigen Tag auf dem Heimweg alle negativen Gedanken wegzuradeln ist ein echter Gewinn!
Ich freue mich auf viele weitere Kilometer auf dem Rad!
Hier noch ein paar Impressionen…